Als Kind war Musik für mich immer mit Bewegung verbunden. Der sich drehende Plattenteller, meine Rechts- und Linkswalzer tanzende Mutter, fliegende Bögen und wirbelnde Schlegel, marschierende Blaskapellen, vor Lachen und Weinen fließende Tränen…
Auch heute empfinde ich Musik als bewegend. Sie bewegt meine Sinne, meinen Körper, die Finger, bringt Saiten und Luft in Schwingung.
Sie ruft Bilder und Gemütszustände hervor und sofort folgt der Wunsch, diese mit anderen zu teilen.
Bewegung impliziert Berührung.
Die Nadel auf der Plattenrille, das Erspüren der Körperspannung des Tanzpartners, das Pferdehaar des Bogens, der sich in der Dissonanz gegen die Darmsaite lehnt, eine witzige Bemerkung, die das Gegenüber zum Lachen bringt oder Klänge, die einem Gänsehaut bereiten.
Kammermusik ist ein wunderbares Feld für meine Sehnsucht nach Berührung.
Sie bietet die Möglichkeit, wortlos zu kommunizieren, die Grenzen zwischen dem Du und dem Ich zu erspüren und so eine Durchlässigkeit im Spiel zu entwickeln. Wo höre ich auf, wo fängt der andere an?
Wann nehme ich Gelegenheit für ein Aussage, wo gebe ich Raum, wann lassen wir geschehen oder wann verwurzeln wir uns gemeinsam?
Die Partitur als Landkarte, eine vertraute Mannschaft an Bord und musikalischer Instinkt als Kompass sind gute Voraussetzungen, um die Entdeckungsreise anzutreten.
Sind die Segel gesetzt und der Wind gut, verschmelzen die Klänge der Einzelnen zu einer großen gemeinsamen Welle, die emotional, intellektuell und körperlich berührt.
Im Sog der Segellust verlieren sich aufführungspraktische Diskussionen oder rechthaberisches Gezänke, selbst der Turm eigener Bewertungskriterien kippt um wie Jengabausteine.
Am nächsten Tag wird das Spiel wieder aufgenommen: Sorgfältig recherchiert, im Diskurs mit Fachleuten technisch fundiert und inhaltlich interessant konzipiert wird der Turm wieder aufgebaut.
Bis wieder Wind aufkommt und alles in Bewegung bringt!
***Save the Vinyl****